Mainpost 27.03.2018
STAMMHEIM
Die weibliche Seite der Stärke
Wie stellt man „Frauenpower“ aus? Das Museum für Militär- und Zeitgeschichte in Stammheim, eigentlich auf handfeste Exponate und szenische Inszenierungen spezialisiert, hat sich für seine am Wochenende beim Museumsfrühling erstmals präsentierte Sonderschau für das Jahr 2018 keinem historischen Ereignis, sondern einer geschlechterspezifischen Haltung angenommen. Und mit einigen anschaulichen Beispielen trotzdem dafür gesorgt, dass das Auge nicht zu kurz kommt.
Es sind zum einen die klaren Auszeichnungen für Frauen, die erkennen lassen, dass der besonderen Rolle des weiblichen Geschlechts in den vergangenen rund 150 Jahren immer wieder gedacht wurde. Da findet man Medaillen für die Ehrendamen der Berliner Volksküchen, die eine bekränzte Frauengestalt von Nahrungsmitteln umringt zeigt. 1866 war das noch voll im Trend der Zeit und wurde von keiner Dame als Kitsch empfunden. Daneben bestens erhaltene Mutterkreuze im Etui in Silber und Gold, das je nach Anzahl der geborenen Kinder verliehen wurde und das wegen des dicken Hakenkreuzes in der Mitte heute als verfassungsfeindliches Propagandamittel gilt. Im musealen, zeitgeschichtlichen Kontext darf es freilich ausgestellt werden. Die junge BRD verlieh Anfang der 1950er Jahre dann ein Kreuz für Frauen für Verdienste um das Gemeinwohl – dann natürlich mit Bundesadler.
Spannender für den nicht ausschließlich an Heraldik interessierten Besucher sind da schon die Darstellungen von Trümmerfrauen in Form von Schaufensterpuppen vor überdimensionalen Bildern des zerstörten Deutschlands – daneben eine Kunststoffdame in Fabrikkleidung an der Drehbank. Während und nach dem Krieg mussten die Frauen auch ran an Arbeiten, die eigentlich Männerdomäne waren. Und sie bekamen auch ihre erste Dienstkleidung jenseits „klassischer Frauenjobs“ wie Krankenschwester. Auch der ersten Feuerwehrfrauen und der Pionierinnen der Bundeswehr wird in Stammheim gedacht.
„Wir hatten eine große Auswahl an möglichen Themen – 100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs, 200 Jahre bayerische Verfassung und dergleichen. Aber einer brachte dann das Thema Frauen ein und überzeugte den Rest von uns“, erklärte Museumsleiter Günter Weißenseel, gleichzeitig Vorsitzender des Vereins Militärgeschichte Franken. Die derzeitige „MeToo“-Debatte fiel den Sammlern und Hobbyhistorikern da geradezu ideal vor die Füße: In einer Zeit, da verstärkt über das Rollenbild der Frau insbesondere durch die Brille der Männerwelt diskutiert wird, passt das Jahresthema des Museums wie die berühmte Faust aufs Auge.
Dass man mit der Journalistin und Autorin Birgit Kelle dazu noch eine etwas andere „Powerfrau“ zum Festvortrag gewonnen hatte, die sich für einen modernen Feminismus jenseits von Gender-Mainstream und Frauen-Quoten einsetzt, erwies sich bei der Eröffnung des Museumsfrühlings am Samstag als geschickter Schachzug. „Alle Welt redet von Quotenregelungen für Frauen in Führungspositionen. Das ist eine Scheindebatte, weil sie sich nur für etwa 200 Anwärterinnen auf Posten in DAX-Konzernen stark macht, die ohnehin schon durch ihre Leistung weit gekommen sind und die Millionen anderer Frauen völlig vernachlässigt“, sagte Kelle.
Die vierfache Mutter erinnerte nicht nur an die vielfältigen Rollen, in die Frauen seit je her schlüpfen und sich somit ideal in der Partnerschaft mit dem Mann ergänzen. Die Autorin von Bestsellern wie „Dann macht doch die Bluse zu“ plädierte auch für ein neues Selbstbewusstsein der Frau, die sich aus freien Stücken für das Muttersein oder den Beruf entscheidet, ohne sich jeweils für diese Wahl rechtfertigen zu müssen. Erst dann sei echte Gleichberechtigung der Geschlechter hergestellt.
Rund um den Museumsfrühling durften dann vorwiegen Männer ihre ferngesteuerten Panzer fahren lassen, während wiederum Frauen aus der Feldküche Essen kredenzten und Bier zapften. Aber wie ein Mitglied des Museumsvereins verriet: Gerne hätte man auch mehr Frauen im Club dabei.