Grundschule Kolitzheim: Zentral und offen als beste Lösung

14.03.2018

Mainpost 14.03.2018

KOLITZHEIM

Grundschule Kolitzheim: Zentral und offen als beste Lösung

Kolitzheim Michaela Kirchner ist die Rektorin der Grundschule Kolitzheim mit den Standorten Herlheim, Stammheim und Zeilitzheim. An der Schule unterrichten 13 staatliche und drei kirchliche Lehrkräfte 186 Kinder in acht Klassen.

Frage: Das Thema „Mittagsbetreuung/Ganztagsschule“ wird in der Gemeinde Kolitzheim intensiv diskutiert. Seit wann gibt es den Gedanken schon?

Michaela Kirchner: Ein externes Expertengremium hat im Herbst 2015 festgestellt, dass sich die Schulfamilie ein gemeinsames Schulhaus wünscht und dass ein Betreuungsangebot nach Unterrichtsende ausgebaut werden sollte. Daraufhin haben wir uns in Zusammenarbeit mit Gemeinde, Lehrerkollegium, Eltern und Elternbeirat und Vertreterinnen der Kindertagesstätten bei verschiedenen Treffen damit auseinandergesetzt, wie eine gute Lösung aussehen könnte. Im April 2016 haben wir eine Bedarfsabfrage gemacht. Insgesamt haben wir 162 Antworten bekommen. 104 Eltern gaben an, dass sie keine Betreuung benötigen. Je elf wollten bis 13 Uhr und bis 14 Uhr Betreuung haben, für 31 Kinder wurde eine Betreuung bis 16 Uhr und für fünf Kinder bis 18 Uhr gewünscht. 29 Eltern favorisierten eine Betreuung täglich, 26 nur an einzelnen Tagen. Ferienbetreuung wurde von 31 Eltern gewünscht.

Es gibt Überlegungen, die Mittagsbetreuung dezentral in den Schulhäusern anzubieten.

Kirchner: Mittagsbetreuung an drei Standorten anzubieten, das wäre für mich eine problematische Lösung. Man muss bedenken, dass die Kinder, wenn sie aus dem Unterricht kommen, ein natürliches Bedürfnis haben, sich zu bewegen, sich auszutoben. Dass es dabei nicht leise zugeht, weiß jeder, der selbst Kinder hat. Damit der Unterricht der Kinder, die länger Unterricht haben, nicht gestört wird, ist eine gewisse räumliche Entfernung von Mittagsbetreuung und Klassenzimmern nötig. Wir haben das im Schulhaus in Herlheim schon konkret durchgespielt: ungestörter Unterricht in unmittelbarer Nachbarschaft zur Mittagsbetreuung ist hier nicht möglich.

Was sind Ihre Argumente für ein zentrales Schulhaus?

Kirchner: Es liegt auf der Hand, dass in einem Schulgebäude die Kommunikation und konkrete Absprachen, die manchmal sehr schnell erfolgen müssen, viel leichter möglich wären, als wenn der Schulunterricht auf drei Schulhäuser verteilt ist. Es gäbe nur eine Anfahrtstelle für die Busse, und der „Bustourismus“ während der Unterrichtszeit, der durch die Differenzierung der Klassen nötig ist (Religionsunterricht, Sport, Förderunterricht) würde entfallen. Die Lehrkräfte müssten ihre Pausenzeit nicht mit Fahrten im Auto zum nächsten Schulort verbringen, in Sorge, dort rechtzeitig anzukommen, sondern hätten Zeit, sich auf die nächste Unterrichtsstunde einzustellen. Im Vertretungsfall können Parallelklassen ohne größere Probleme zusammengefasst werden, was bei der derzeitigen dezentralen Lösung nur selten möglich ist. Schüler könnten gezielter in Gruppen zusammengefasst und gefördert werden. Und: Zur Zeit muss die Aufgabe der Digitalisierung in allen drei Schulhäusern vorgehalten werden. In einem zentralen Schulhaus würde sich der Betreuungs- und Kostenaufwand für das IT-Netz deutlich reduzieren.

Welche Vorteile bringt ein zentrales Schulhaus für die Kinder?

Kirchner: Die Kinder müssten weniger Busfahrten auf sich nehmen, was an sich schon zu einer Verminderung von Stress führen würde. Dass Stress die Konzentrationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit mindert, ist durch viele Forschungsergebnisse belegt. Darüber hinaus könnte die Zeit, die für Busfahrten zwischen den Schulorten gebraucht wird, für den Unterricht genutzt werden, was den Zeitdruck mindern würde. Durch die Erfahrung eines gemeinsamen Schulhauses würde die Identifikation der Schülerinnen und Schüler (und auch der Eltern) mit der Schule stärker werden, das Zusammengehörigkeitsgefühl würde gestärkt. Zu diesem Zusammengehörigkeitsgefühl könnten auch gemeinsame Veranstaltungen, wie Frühlingsfest, Adventsbesinnung beitragen.

Eine Aula als gut gestalteter Versammlungsraum für alle Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrer würde die Wertschätzung der Kinder deutlich machen: Jeder, der schon einmal ein Fest gefeiert hat, weiß, wie sehr der festliche Rahmen zu einer guten Atmosphäre beiträgt. Diese Gemeinsamkeit könnte schon bei der Schuleinschreibung augenfällig werden: Ich kann als Kind damit rechnen, dass ich die ganze Grundschulzeit hier die Schule besuchen werde.

Darüber hinaus wäre es leichter, in der Nachmittagsbetreuung Schülerpatenschaften einzurichten: Ältere Schüler unterstützen die jüngeren. Wenn alle Schülerinnen und Schüler, die die Nachmittagsbetreuung in Anspruch nehmen, in einem Schulhaus sind, ist es auch möglich, leichter Neigungsgruppen für sportliche, gestalterische oder musikalische Aktivitäten zu finden.

Wie sähe die Aufgabenverteilung zwischen Schule und Gemeinde aus, wenn die Offene Ganztagsschule Wirklichkeit würde?

Kirchner: Die Kommune hätte den „außerschulischen Qualitätsrahmen“ sicherzustellen. Das heißt, dass die Gemeinde für die Räumlichkeiten und die entsprechende Ausstattung für die Mittagsverpflegung sorgen müsste, ebenso müssten geeignete Räumlichkeiten für Bewegungs- und Entspannung geschaffen werden, ebenso wie für Förderungsmöglichkeiten und die pädagogische Gestaltung für Neigungsangebote. Klassenzimmer sind für diese Angebote in der Regel nicht geeignet, da für diese Räume eine besondere Grundausstattung vorhanden sein muss, die sich von der Ausstattung von Klassenzimmern unterscheidet. Alle diese Räumlichkeiten müssen in der Schule oder in unmittelbarem Umfeld der Schule liegen, so die Maßgabe der Bayerischen Staatsregierung. Aufgabe der Gemeinde ist es auch, den Träger der Mittagsbetreuung zu verpflichten.

Welche Aufgabe müsste die Schule übernehmen?

Kirchner: Die pädagogische Gesamtverantwortung für die Offene Ganztagsschule liegt bei der Schule, das heißt: Die Schule ist verpflichtet, ein den Bedürfnissen der Schüler entsprechendes qualifiziertes Angebot für die Hausaufgabenbetreuung sowie die Angebote im musischen, gestalterischen und sportlichen Bereich sicherzustellen.

Welche Schwierigkeiten sehen Sie bei der Umsetzung des Projektes ?

Kirchner: Ich mache mir keine Illusionen: Wenn die Offene Ganztagsschule Wirklichkeit wird, kommt eine große Aufgabe auf uns zu: Die Gemeinde muss in der Zusammenarbeit mit uns einen Träger finden, der diese Betreuung übernimmt.

Die Zusammenarbeit mit diesem Träger muss gut organisiert werden. Es ist damit zu rechnen, dass es Anfangsschwierigkeiten geben wird, weil es sich um eine komplexe Organisationsaufgabe handelt. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir diesen Übergang gut organisieren werden, so dass unsere Kinder die bestmögliche Betreuung und Förderung erfahren.

Wenn Sie einen Wunsch freihätten, was würden Sie sich wünschen?

Kirchner: Dass nach gründlicher Abwägung aller Gesichtspunkte eine Entscheidung für ein zentrales Schulgebäude für die Gemeinde Kolitzheim fällt, eine Entscheidung, die sicherlich nicht bei allen auf Begeisterung stoßen wird, die aber alle mittragen können.

Aus meiner Sicht wäre die zentrale Ganztagsschule die beste Lösung: Sie hätten weniger Stress, die Lehrer hätten bessere Arbeitsbedingungen, und mittelfristig wäre diese Lösung wohl auch die kostengünstigere.

Zu den News