Kochen in der Krise: Partyservice ohne Party und Perspektive

26.03.2021

Mainpost 26.03.2021

Zeilitzheim

Kochen in der Krise: Partyservice ohne Party und Perspektive

Zu den Unternehmen aus der Region, die von der Corona-Pandemie schwer getroffen wurden, zählt auch die Catering-Firma "Genießerwerk". Doch man gibt nicht auf.

Das "Genießerwerk" in Zeilitzheim bereitete vor der Corona-Pandemie täglich für Kindergärten, Schulen und private Veranstaltungen über 1000 Essen zu. Doch nun bleibt die Küche des Catering-Unternehmens wegen Corona schon seit über einem Jahr häufig kalt. Die Inhaber geben aber nicht auf und kämpfen mit neuen Ideen weiter für ihren Traum.

Speisen zuzubereiten mit Hingabe und Leidenschaft - das ist die Berufung von Bianca Behr und Michael Ehwalt. Seit 2014 haben sich die beiden den Traum von der Selbstständigkeit verwirklicht und das "Genießerwerk", einen Catering- und Partyservice, gegründet. Das Unternehmen hat sich stetig vergrößert. Mit dem Anstieg des Bekanntheitsgrades dehnte sich auch der Geschäftsbereich weit aus. Deshalb stellten die Inhaber immer mehr Personal ein, tätigten Investitionen für die Küche und den Transport der Speisen, um noch effizienter und besser die Aufträge erledigen zu können. Das Geschäft florierte.

1000 Portionen am Tag

Im Durchschnitt und in Summe bereitete das "Genießerwerk" Anfang des Jahres 2020 über 1000 Essen täglich an sieben Tagen die Woche zu. Unter der Woche nahmen die Mahlzeiten für Schulen und Kindertageseinrichtungen den ganz überwiegenden Teil der Bestellungen ein, während am Wochenende drei bis sechs Veranstaltungen mit großem Catering-Buffet beliefert wurden.

Doch wie bei vielen Gastronomen befindet sich seit über einem Jahr auch im "Genießerwerk" das Kochen in der Krise. Als am 13. März vergangenen Jahres pandemiebedingt die Schließung der Schulen und Kindertageseinrichtungen sowie das Verbot sämtlicher Veranstaltungen durch die Staatsregierung angeordnet wurde, hatte das "Genießerwerk" natürlich bereits Lebensmittel für die kommende Woche eingekauft. "Vieles davon haben wir kurzfristig an Bekannte, Nachbarn oder unser Personal verschenkt", erinnerte sich Bianca Behr. Angebrochene Packungen mit verderblichen Nahrungsmitteln mussten sogar teilweise entsorgt werden.

Nach der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus und der schwindenden Aussicht auf schnelle Besserung mussten sich die Inhaber zum Schutz des Betriebes von insgesamt 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen. Der Personalstamm ist in der Folge vom Höchststand 25 vor der Pandemie auf nun inzwischen sieben Vollzeitkräfte gesunken. Kurzarbeit wurde und wird selbstverständlich in Anspruch genommen. Dennoch bleibt ein gewisser Anteil an fixen Kosten vorhanden. Der Unterhaltsaufwand für Geräte und Einrichtung fällt weiter an. Teilweise hätten sie sogar Leerläufe durchgeführt, damit die Geräte nicht kaputt gehen, so Michael Ehwalt.

Expansion wurde gestoppt

Auch dank staatlicher Hilfe aus dem ersten Unterstützungspaket stand die Existenz des Betriebes im Ganzen bisher nicht auf dem Spiel. Allerdings habe es seitdem keine Neuanfragen mehr gegeben, die kontinuierliche Expansion des Betriebes wurde abrupt gestoppt. Um dennoch weiter Einnahmen generieren zu können, waren innovative Ideen gefragt. So ist man im "Genießerwerk" seit dem Sommer neue Wege in verschiedenen Bereichen gegangen.

Nachdem Kindertagesstätten langsam wieder in der Notbetreuung verstärkt geöffnet wurden und auch die Schulen teilweise wieder Mittagsbetreuung angeboten hatten, begannen Michael Ehwalt und Bianca Behr mit gerade einmal 30 Essen pro Tag wieder den Betrieb in der Küche aufzunehmen. Den Mitarbeiterschwund fingen sie mit eigener Arbeitskraft auf. Hinzu kam der Vorbereitungsaufwand, die kalte Küche nach längerer Zeit wieder in betriebsbereiten Zustand zu versetzen und eine ungewiss große Menge an frischen Basislebensmitteln zu kaufen.

Speisekarte über die Rufanlage

Weiterhin konnte das "Genießerwerk" frisch gekochtes Essen bei Edeka Kolb in Volkach zum Mitnehmen in einer Selbstbedienungstheke anbieten. Diese Kooperation mit dem Lebensmitteleinzelhandel wurde jedoch vor Weihnachten mit dem Beginn des zweiten Lockdowns und der aufgrund dessen erneut angemeldeten Kurzarbeit wieder eingestellt. Man habe allerdings viele zufrieden Rückmeldungen und größere Bekanntheit dadurch erfahren, zogen die Inhaber ein überwiegend positives Fazit.

Ebenso bietet die Firma seit Mai an Sonntagen und ausgewählten Feiertagen Mittagessen zum Mitnehmen an. Die aktuelle Karte wird immer auf der Homepage veröffentlicht. Für die Zeilitzheimer werden die Gerichte sogar über die Ortsrufanlage verlesen. Egal, ob fränkische Klassiker wie Schäufele und Bräten oder saisonale Gerichte, wie zum Beispiel in der Winterzeit Ente, die Bestellungen haben sich stetig erhöht. Auch die Anregungen von den Gästen werden gerne umgesetzt, so die Köchin.

Die Kunden, gerade die älteren Menschen aus dem Ort, wie Michael Ehwalt berichtete, waren dankbar für das Angebot. So zeigte sich auch große Hilfsbereitschaft innerhalb von Zeilitzheim, als Nachbarn und Bekannte dann gleich mehrere Essen an diejenigen, die nicht mehr so mobil sind oder sich gar in Quarantäne befunden hatten, auslieferten.

Hochzeiten und Kommunion abgesagt

Im Vordergrund ihres Schaffens steht für die beiden Köche immer die Qualität der verwendeten Zutaten, was sich nicht zuletzt in der Herkunft widerspiegelt. Sie setzen überwiegend auf heimische Zulieferer. Die Zusammenarbeit mit regionalen Produzenten ermöglicht auch kurze Transportwege und bietet dadurch die Gewähr für Geschmack und Frische. "Wir versuchen bewusst mit unserem Einkauf hier regional zu steuern", so Michael Ehwalt und fügt an: "Die ländliche Küche leben wir."

Daneben hoffen sie auf die baldige Zulässigkeit von kleineren Veranstaltungen in der Sommersaison, um so langsam wieder Aufträge für Buffets und Catering zu erhalten. Viele Hochzeiten für 2021, für die sie bereits gebucht waren, sind schon abgesagt worden. Und die Inhaber gehen davon aus, dass wohl noch weitere folgen werden. Auch die Bestellungen für Kommunion-Feste im Mai wurde bereits mehrfach storniert.

Planungsunsicherheit bei Schulen

Nicht einfacher macht es auch die aktuell bestehende tägliche Planungsunsicherheit im Bereich Schulen und Kindertageseinrichtungen. Abhängig vom Inzidenzwert müssen Wechselunterricht oder doch kurzfristige Schließungen erfolgen, weil es vielleicht einen Corona-Fall in der Klasse oder Gruppe gibt. Stundenweise würden teilweise Bestellungen geändert, deren sonst übliche Frist bereits ausgeweitet wurde. Durch diese Flexibilität komme man auch den Einrichtungen und Eltern entgegen, betonten Behr und Ehwalt.

"Wir nehmen es so an, wie es kommt", zeigen sich die beiden kämpferisch, was die Zukunft angeht. Ihre Selbstständigkeit und das aufgebaute Unternehmen aufzugeben, das kommt für sie nicht in Frage. Im Gegenteil: Sie wollen selbst weiterhin finanziell zurückstecken, hoffen auf die staatlichen Hilfen und würden sogar Kredite aufnehmen, um sich über Wasser halten zu können.

Die Köche

Bei Bianca Behr folgten nach der Ausbildung zur Köchin im Zehntkeller in Iphofen Stationen in Robinson-Club-Anlagen, unter anderem in Österreich, Italien und auf Fuerteventura. Nächste Station waren die Schweizer Alpen, wo sie zunächst Köchin im Hotel Silvretta in Klosters bei Davos wurde, bevor sie als stellvertretende Küchenchefin des La Stalla im Herz von St. Moritz begann. Michael Ehwalt nahm nach seiner Ausbildung zum Koch im Haus der Athleten in Magdeburg Tätigkeiten in den beiden Robinson-Clubs auf Fuerteventura auf. Im Anschluss zog es ihn in die Schweiz, wo er zunächst Saucier im Hotel Silvretta in Klosters bei Davos war, gefolgt von einem Aufenthalt als Küchenchef des La Stalla in St. Moritz. Eine weitere Station seiner beruflichen Vita war das Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt, um dort die Gemeinschaftsverpflegung kennenzulernen.


 

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