Kolitzheim schafft Platz zum Bauen und für die Kinderbetreuung

26.01.2022

Mainpost 26.01.2022

Kolitzheim

Kolitzheim schafft Platz zum Bauen und für die Kinderbetreuung

Bürgermeister Horst Herbert sieht in naher Zukunft drei zentrale Aufgaben auf die Gemeinde zukommen. Vieles dreht sich dabei um die Anliegen junger Familien, doch nicht nur.

 

Bürgermeister Horst Herbert ist seit mehr als 25 Jahren Bürgermeister der Gemeinde Kolitzheim und damit länger im Amt als seine Kolleginnen und Kollegen im Landkreis Schweinfurt. Im Jahresauftaktgespräch gibt er einen Überblick über die Entwicklungsperspektiven seiner großen Gemeinde. Er schaut aber auch über deren Grenzen hinweg.

Frage: Wo liegen da Ihre Schwerpunkte für die kommende Zeit?

Horst Herbert: Drei Themen stehen für mich im Vordergrund: Durch die steigenden Geburtenzahlen in Kombination mit der Erwerbstätigkeit beider Elternteile ist der Bedarf an Kleinkindbetreuung enorm gewachsen und er wird weiter steigen. Mit dem Anbau einer Kinderkrippe im Kindergarten in Stammheim und durch den Neubau in Unterspiesheim haben wir schon einen wichtigen Schritt zur Erweiterung des Angebots für die Betreuung der Kleinkinder getan. Ein weiterer Schwerpunkt ist die angemessene Betreuung der Schulkinder. Der geplante Neubau der Grundschule mit integrierter Ganztagsbetreuung für die Schulkinder ist mit Kosten von etwa 15 Millionen Euro das größte Projekte der Gemeinde bisher. Wir erwarten die Freigabe für die Ausschreibung der Planungsleistungen von der Regierung von Unterfranken in den nächsten Tagen. Das Büro, das für die Erstellung der europaweiten Ausschreibung beauftragt ist, steht in den Startlöchern. Wir sind auch beteiligt am Schulverband Mittelschule Main-Steigerwald: Die Stadt Gerolzhofen sucht zur Zeit nach einem Planungsbüro, das die Ausschreibung für den geplanten Schulhausneubau der Mittelschule erstellt. Der dritte Schwerpunkt: die Erschließung von Bauplätzen. Die Baugebiete von Unterspiesheim und Herlheim sind erschlossen, in Kolitzheim und Lindach laufen die Erschließungsarbeiten, die Vergabe der Bauplätze könnte im Herbst dieses Jahres anlaufen. Es ist mir und auch den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat wichtig, den jungen Familien aus unseren Orten zu ermöglichen, dass sie weiter in ihrem Heimatdorf bleiben können. In Zeilitzheim und Gernach laufen die Planungen für die Erstellung eines Bebauungsplans. Es herrscht in allen Gemeinden eine große Nachfrage nach Bauplätzen. Wir vergeben die Bauplätze aber nicht alle auf einmal, sondern in Abschnitten, um auch jungen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die aufgrund ihrer beruflichen Situation im Augenblick noch nicht an den Bau eines Eigenheimes denken können, die Möglichkeit zu bieten, in ihrem Heimatdorf bleiben zu können. Erfreulich ist auch, dass es in unseren Dörfern kaum Leerstände gibt, auch ehemalige landwirtschaftliche Anwesen, die zum Verkauf stehen, bleiben nicht lange auf dem Markt.

Herbert: Aktuell sind wir vom Fachkräftemangel noch nicht betroffen. Ich blicke aber mit etwas Sorge in die Zukunft, denn im Verlauf der nächsten beiden Jahre werden wir vier Fachkräfte durch Eintritt in den Ruhestand oder durch berufliche Veränderungen verlieren. Natürlich haben wir intern vorgeplant, wie wir die Aufgabengebiete verteilen können, aber wir werden natürlich auch neue Kolleginnen und Kollegen brauchen, unter anderem auch eine weitere Kraft für das Bauamt, weil die Aufgaben in diesem Bereich – auch durch den geplanten Schulhausneubau – enorm wachsen werden.

Wie steht es um die Infrastruktur in den Gemeinden? Man hört ja beispielsweise immer wieder von Wasserrohrbrüchen ...

Herbert: Die Zahl der Wasserrohrbrüche hat in der Tat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Wir mussten für die Reparatur von Wasserrohrbrüchen in letzter Zeit erheblich mehr Mittel einsetzen als früher. Dies ist auch nicht verwunderlich, da Kanalisation und Wasserleitungen in den Gemeinden meist in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, also vor fast 70 Jahren verlegt wurden. Die kommen allmählich in die Jahre. Auch die Straßen in den Ortschaften weisen zunehmend Schadstellen auf und müssen erneuert werden. Im Zuge des anstehenden Ausbaues eines Glasfasernetzes werden wir natürlich versuchen, Maßnahmen zu kombinieren, um Kosten zu sparen.

Neben der baulichen Infrastruktur und der Kinderbetreuung: Wie steht es um Angebote für die anderen Bevölkerungsgruppen?

Herbert: Ich stehe in Verhandlungen mit einem Investor, der eine Einrichtung für Betreutes Wohnen mit Tagespflege bei uns bauen möchte. Ein Spezial-Pflegeheim existiert ja bereits in Kolitzheim. Ziel ist, es auch älteren Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, möglichst lang in ihrer Heimatgemeinde oder zumindest im näheren Umkreis zu wohnen. Soziale Kontakte können leichter aufrechterhalten und gepflegt werden, wenn die Entfernungen nicht zu groß sind.

Hatten Sie auch schon mit Bedrohungen oder gar tätlichen Angriffen zu tun?

Herbert: Das war bisher Gott sei Dank noch nicht der Fall. Klar wird Kritik manchmal sehr direkt geäußert, aber in solchen Fällen versuche ich, den Wunsch der Person, die Kritik übt, aufzunehmen, und klarzumachen, warum sich der Wunsch vielleicht nicht verwirklichen lässt, oder auch mitzuteilen, dass ich die Sache anders sehe.

Die Firma Belectric wurde an eine tschechische Firma verkauft. Verliert die Gemeinde dadurch Steuereinnahmen?

Herbert: Die Steuereinnahmen hängen in erster Linie vom Gewinn, den Betriebe erzielen, ab. Die Photovoltaikbranche boomte vor etwa zehn Jahren sehr stark. Durch die bundesrechtlichen Vorgaben kam sie in Deutschland dann fast zum Erliegen, mit Auswirkungen natürlich auch auf die Steuern. Durch den Verkauf ändert sich für die Gemeinde nicht viel. Belectric hält am Standort Kolitzheim fest. Aber das Thema "erneuerbare Energien" wird uns wohl die nächsten Jahre wieder intensiver beschäftigen. Die neue Bundesregierung hat hier einen Schwerpunkt gesetzt. Schon jetzt ist zu beobachten, dass viele Bauherren Photovoltaik-Anlagen auf ihren Dächern anbringen, weil es dafür auch Zuschüsse gibt. Das ist zu begrüßen, aber der Energieverbrauch wird mit Dachflächenanlagen alleine nicht zu decken sein. Die Gemeinde Kolitzheim hat schon vor über zehn Jahren damit begonnen, Sonnenenergie zu nutzen, indem auf vielen gemeindlichen Gebäuden, wie dem Rathaus, dem Bauhof und den Schulen Photovoltaikanlagen errichtet wurden. Auch am neuen Feuerwehrhaus in Unterspiesheim wird eine Photovoltaikanlage montiert. Die Biogasanlage in Oberspiesheim liefert schon seit 2008 Strom aus erneuerbaren Energien. Sie deckt einen Großteil des Wärmebedarfs der benachbarten Gärtnerei ab.

Wie sehen Sie die Zukunft der Felder und Wälder im Gemeindegebiet?

Herbert: Im Rahmen der Flurbereinigung wurden und werden nicht nur Flächen zusammengelegt und das Wegenetz optimiert, sondern auch viele ökologisch genutzte Flächen angelegt, etwa entlang den Bächen. Sorge macht mir – und ich denke nicht nur mir – die Klimaveränderung, die schon im Gang ist. Wir müssen mit Starkregen rechnen, der immer wieder auch zu Überschwemmungen führt. Im Sommer sind lange Trockenzeiten zu erwarten. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass der Grundwasserspiegel sinkt. Das wird wohl zur Folge haben, dass die Erlaubnisse über die Entnahmemengen von Grundwasser, die auslaufen, nur noch in geringerem Umfang erneuert werden. Das stellt die Landwirte, speziell beim Anbau von Sonderkulturen wie Wein und Spargel, vor große Herausforderungen. In der Gemeinde gibt es Überlegungen, die aufgelassenen Kläranlagen zu nutzen, um dort Wasser für Trockenzeiten zurückzuhalten. Das ist aber auch eine Frage der Wirtschaftlichkeit, denn das Wasser muss ja dorthin transportiert werden, wo es gebraucht wird. Nur zur Information: Brunnen dürfen zwar ohne Genehmigung gebohrt werden, aber die Wasserentnahme ist erlaubnispflichtig, sie wird vom Wasserwirtschaftsamt kontrolliert, über die Entnahmemenge ist genau Buch zu führen. Im Rahmen der ILE-Region Mainschleife Plus ist schon die Entwicklung eines Bewässerungskonzeptes in Auftrag gegeben worden. Es sollen Maßnahmen entwickelt werden, die der Landwirtschaft helfen, mit den Herausforderungen des Klimawandels besser klarzukommen. Es werden Konzepte erarbeitet, wie es gelingen kann, Wasservorräte anzulegen und Überschwemmungen zu vermeiden.

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