Mainpost 03.02.2022
Unterspiesheim
Nahwärmenetz: Betreiber reagiert auf Gerüchteküche und Sorgen
Rund 80 Kunden möchte Michael Bürger in Unterspiesheim mit Nahwärme versorgen. Doch die Baustelle zieht sich. Nun wurden Stimmen laut, bei Bauarbeiten sei geschlampt worden.
Das Nahwärmenetz, das Michael Bürger in Unterspiesheim aufbaut, sorgt weiter für Gesprächsstoff im Ort. Im Fokus der Sorgen, die sich einige Einheimische offensichtlich machen und die bis in diese Redaktion vorgedrungen sind, stehen angeblich unfachmännisch ausgeführte Asphaltierungsarbeiten an den wieder verschlossenen Gräben für die Wärmeleitungen. Außerdem hat es augenscheinlich an mehreren Stellen Probleme mit der Verkehrsabsicherung der Baustelle gegeben. Anwohner beobachteten mehrere Ortstermine mit Polizei und Vertretern des Baulastträgers. Und über allem schwebt der Makel, dass – entgegen wiederholter Terminansagen – noch immer nicht alle der rund 80 Kunden ans Fernwärmenetz angeschlossen sind.
Als Initiator des Projekts informiert Michael Bürger auf Anfrage dieser Redaktion, wo sein ehrgeiziges Vorhaben derzeit steht, und wo es hakt – und wer seiner Ansicht nach dafür verantwortlich ist. Laut Bürger sind aktuell 70 bis 80 Prozent des Nahwärmenetzes, für das insgesamt rund 3800 Meter Rohrleitungen verlegt werden sollen, bereits in Betrieb. Die dortigen Anwohner erhielten Wärme aus der mit Hackschnitzeln befeuerten 0,75 Megawatt leistenden Heizzentrale auf Bürgers Anwesen in der Schafgasse. Diese Kunden seien durchweg zufrieden mit der Wärmemenge, die bei ihnen ankommt, versichert der Betreiber eines Landschaftspflege-Unternehmens.
Nicht erledigte Arbeiten, fehlende Wärmezähler
Allerdings gebe es fortwährend Probleme mit beauftragten Firmen. So habe beispielsweise ein Heizungsbauer nicht alle vertraglich geregelten Arbeiten erledigt, berichtet Bürger. Er habe deshalb andere Firmen mit dem Einbau der Übergabestationen für die ankommende Wärme in den Kunden-Häusern finden und bezahlen müssen. Bis heute wurden Zähler nicht geliefert, so dass derzeit die an manche Kunden abgegebene Wärmemengen nur geschätzt werden könnten.
Den vielleicht größten Ärger bereitet ihm derzeit die Tiefbaufirma, die die Gräben für Wärmeleitungen ausheben und wieder verschließen soll. Mit dieser kommuniziert Bürger mittlerweile per Rechtsanwältin. Der Unterspiesheimer wirft der Baufirma vor, nicht nur zugesicherte Fristen zur Fertigstellung der Bauarbeiten – zuletzt bis Ende 2021 – nicht eingehalten zu haben, sondern beispielsweise auch die notwendige Absicherung der Baustelle gemäß der verkehrsrechtlichen Anordnung nicht ordnungsgemäß durchgeführt zu haben. Denn hierfür sei die Firma ebenfalls zuständig gewesen.
Drei-Mann-Betrieb soll Tiefbauarbeiten stemmen
Der Geschäftsführer der beschuldigten Tiefbaufirma, ein Drei-Mann-Betrieb aus der Region, weist die Vorwürfe im Gespräch mit dieser Redaktion zurück. Es habe nie einen entsprechenden Vertrag mit Bürger gegeben, er sei für diesen nur auf Basis eines Preisangebots für die Erdarbeiten – die am Ende zudem doppelt so umfangreich ausfielen, als zuerst besprochen – tätig geworden. Die Baustellenabsicherung sei Sache des Bauherren, meint der Chef der Tiefbaufirma. Zudem habe er Bürger bereits im November angekündigt, auf der Baustelle in Unterspiesheim nur bis Ende Dezember arbeiten zu können. Auch er verweist auf einen laufenden Rechtsstreit.
Bernhard Warmuth, kommissarischer Leiter der Polizeiinspektion Gerolzhofen, bestätigt, dass die Baustellenabsicherung für das Nahwärmenetz in Unterspiesheim "mehrfach nicht gepasst hat". Als Beispiel nennt er falsch platzierte beziehungsweise fehlende Verkehrsschilder. Dies habe zu Anzeigen geführt. Während mehrerer Ortstermine sei mit dem Bauherren besprochen worden, wie die Absicherung nachzubessern sei. Dies sei dann auch geschehen. Die Polizei achte regelmäßig darauf, dass die von der Verkehrsbehörde angeordnete Absicherung eingehalten wird. Hierzu erhalte sie eine Abschrift des Ablaufplans, der die zu treffenden Maßnahmen festlegt.
Straßenmeister: Absicherung hat "nicht immer gepasst"
Als "problematisch" bezeichnet auch Straßenmeister Peter Herbig von der Staatlichen Straßenmeisterei Schweinfurt die Baustellenabsicherung entlang der Hauptstraße in Unterspiesheim. Da diese eine Staatsstraße ist, ist Herbig für sie zuständig. In seinen Augen habe man gemerkt, dass hier "keine Fachfirma" aktiv war, die aufgestellten Schilder hätten "nicht immer gepasst". Er erinnert sich auch an eine Ampel, die erst dann aufgestellt wurde, als die Baustelle bereits komplett eingerichtet war. Doch dieses Verfahren sei in der Praxis nicht unüblich, meint Herbig.
In Bezug auf angeblich unfachmännisch erfolgte Asphaltierungsarbeiten im Bereich der Staatsstraße, die an zwei Stellen von der Wärmeleitung gequert wird, zerstreut der Straßenmeister die Sorgen von Anwohnern: Der Straßenmeisterei lägen bislang keine Hinweise vor, dass hier unsachgemäß gearbeitet wurde. Die Arbeiten seien allerdings auch noch nicht abgenommen worden, sagt Herbig.
Um hier größtmögliche Sicherheit vor Folgeschäden zu haben, würden, wie üblich, Protokolle verlangt, die nachweisen, dass der Untergrund korrekt verdichtet wurde. Dass es Schäden im Untergrund gegeben haben könnte, weil die Leitungsgräben länger als gedacht offen standen und der Witterung ausgesetzt waren, hält der Straßenmeister für "aus der Luft gegriffen".
Alternative zum herkömmlichen Bitumenband
Die Gemeinde Kolitzheim ist durch deutlich mehr Straßen und Gehwege betroffen, die für die Wärmeleitungen aufgerissen, wieder zugeschüttet und neu asphaltiert wurden. Bürgermeister Horst Herbert kennt die Bedenken von Unterspiesheimern, die sich darum drehen, dass an den Nahtstellen zwischen der alten und der neuen Asphaltdecke nicht flächendeckend sogenanntes Tok-Band eingebaut wurde. Dabei handelt es sich um ein Bitumenband, das die Nahtstelle möglichst lückenlos abdichten soll. Neben dieser lange Zeit üblichen Methode gebe es aber eine Alternative, indem die Stoßkanten zwischen altem und neuen Asphalt nachträglich aufgeschnitten und heiß vergossen wird, so Herbert.
Und für genau dieses Vorgehen – "die bessere Methode" – habe man sich für die Baustelle in Unterspiesheim entschlossen, berichtet der Geschäftsführer der von Wärmenetzbetreiber Bürger mit der Asphaltierung beauftragten Straßenbaufirma aus der Rhön auf Nachfrage dieser Redaktion. Witterungsbedingt und wegen Krankheitsausfällen beim Personal habe man die Arbeiten vor Jahresende nicht beenden können. Die circa 100 Meter, die noch fehlten, würden im Frühjahr nachgeholt.
Bürgermeister: Alle Druckversuche waren positiv
Dass die Gemeinde am Ende schlecht asphaltierte oder gar schadhafte Gehwege und Straßen entlang der Wärmetrasse hat, darüber macht sich der Bürgermeister keine Gedanken. Die Ergebnisse aller geforderten Lastplatten-Druckversuche entlang der verschlossenen Gräben seien positiv gewesen. Das ist für den Moment die bestmögliche Vorkehrung, dass alles passen wird, wenn die Gemeinde die Flächen nach Abschluss der Baustelle abnimmt.
Unabhängig davon, wie der Rechtsstreit mit der Tiefbaufirma ausgeht, hat Michael Bürger eigenen Angaben nach für die Fertigstellung des Nahwärmenetzes inzwischen ein Unternehmen gefunden, das die Arbeiten ersatzweise kurzfristig abschließen könnte. Auch wenn er zwischenzeitlich, wie er sagt, für Maßnahmen, die eigentlich Firmen für ihn erledigen sollten, mit etwa einer halben Million Euro in Vorleistung getreten ist, sei die Finanzierung des Projekts weiterhin ungefährdet, versichert er. Was ihn freut und aufbaut: Die Kunden, die von ihm bereits Wärme erhalten, seien allesamt zufrieden. Zudem gebe es 18 Unterspiesheimer, die nachträglich ins Nahwärmenetz einsteigen möchten. Ob das klappt, sei aber noch nicht entschieden.