Mainpost 10.07.2017
Nicht nach heutigen Maßstäben beurteilen
Eine Steintafel von 1617 an der Gernacher Kirche ist das einzige Zeugnis , das noch auf den einstigen Fürstbischof Julius Echter hinweist. Andere Spuren Echters seien an dem Gotteshaus und im Ort selbst nicht mehr zu finden, denn nach seiner Zeit wurden diese doch gänzlich ausgelöscht, sagte Pfarrer Thomas Amrehn. Die Verantwortlichen der Gernacher Kirchengemeinde nahmen diese Tafel, in Verbindung mit dem 400. Todesjahr des bedeutenden Kirchenfürsten, zum Anlass, das Leben und Wirken Echters der Ortsbevölkerung etwas näher zu bringen.
Um profunde Informationen zu erhalten, lud man mit Prof. Wolfgang Weiß einen ausgewiesenen Fachmann für ein Referat ein, das in der Kirche stattfand. Seitens der Bevölkerung gab es dafür regen Zuspruch.
Der Referent setzte mit den Themen „Sein Leben und seine Ausbildung“, „Sein Wirken“ und „Seine Lebensleistungen“ drei Schwerpunkte. Demnach wurde Julius Echter als zweites Kind seiner Eltern im Jahre 1545 im Schloss Mespelbrunn im Spessart geboren. Er entstammt einer altgläubigen Familie, die eine sehr konservative Glaubensrichtung vertrat und lebte. Als Zweitgeborener war für Julius eine geistliche Laufbahn vorbestimmt.
So kam er mit gerade einmal elf Jahren zu den Jesuiten nach Köln, wo er sich nicht dem Studium der Katholischen Theologie widmete, sondern dem Studium des Kirchenrechts. Nach mehreren Auslandsaufenthalten reifte er zu einem hervorragend gebildeten Intellektuellen heran, der für seine spätere Tätigkeit als Fürstbischof damit beste Voraussetzungen mitbrachte. Bereits mit 24 Jahren wurde er in das Würzburger Domkapitel berufen und mit gerade einmal 28 Jahren zum Fürstbischof des Bistums und des Hochstiftes gewählt. Dieses hohe Amt bekleidete er insgesamt 44 Jahre lang, von 1573 bis 1617, als er im 73. Lebensjahr stehend starb.
Sein Wirken im Frankenland kann man laut Professor Weiß insgesamt betrachtet als sehr segensreich charakterisieren, wobei allerdings auch andere Facetten zum Tragen kamen. Zu den positiven Seiten seines Wirkens zählten zweifellos die äußerst regen Bau- und Gründungstätigkeiten in Würzburg wie die Errichtung des Juliusspitals 1579, die Neugründung der Universität 1582 und die Errichtung weiterer Spitäler, von Klöstern und Klosterschulen und von Kirchen mit der typischen Echternadel als Turmspitze im ganzen Land. Als er sein Amt als hoher Würdenträger antrat, lag die Verwaltung des Hochstiftes schwer im Argen und der Schuldenberg war unter seinen Vorgängern enorm angewachsen. Auch die Kleriker des Bistums führten ein ausschweifendes Leben, das keinesfalls den priesterlichen Traditionen und Idealen entsprach. Dem wirkte Echter durch eine umfassende Bildungsreform und mit der Neuausrichtung von Frömmigkeitsübungen wie Wallfahrten und Bittprozessionen entgegen.
Vertreibung Andersgläubiger
Die negativen Seiten seines Wirken – deswegen gilt er auch als umstrittene Persönlichkeit – waren zweifellos der soziale Umgang mit Andersgläubigen wie den Protestanten und den Juden. Mit seinen Rekatholisierungsmaßnahmen ging er einige Schritte zu weit, denn da wurden Andersgläubige, wenn sie sich nicht zur katholischen Lehre bekannten, kurzerhand aus dem Hochstift ausgewiesen. Als Kind seiner Zeit glaubte auch Julius an das Werk von Hexen. Zwar wandte er sich als Bischof gegen das schändliche Treiben seiner im Lande verteilten Amtmänner, die so genannte Hexen hochnotpeinlich eliminierten, doch als Oberhaupt einer Verwaltung trat er diesem Tun zu wenig energisch entgegen.
Mehr Fürst als Bischof
Als Resümee zog Prof. Weiß die Feststellung, dass Julius Echter weniger ein Seelsorger war, der die soziale Nähe zu seinen „Schäfchen“ suchte. Vielmehr regierte er unnahbar und autoritär, also ganz Fürst seiner Zeit. Nur er wusste, was für seine Untertanen gut und recht war. Aber man solle und dürfe Echter nicht nach heutigen Maßstäben sehen und beurteilen. Um ihm gerecht zu werden, müsse man die Sichtweisen und die Regeln der damaligen Zeit berücksichtigen.