Mainpost 01.02.2021
Unterspiesheim
Reliefdarstellung einer Pieta entdeckt
Bei Aufräumarbeiten im Anwesen des Pfarrhauses von Unterspiesheim wurde eine stark beschädigte Reliefdarstellung der Mutter Gottes mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß entdeckt, eine so genannte Pieta. Diese Darstellung der schmerzhaften Mutter Gottes war nach Aussagen des Restaurators Petro Schiller aus Königsberg einmal der Aufsatz eines Bildstocks, der nach Einschätzung des Experten bis zu drei Meter hoch gewesen sein mag.
Die achteckige Form des Schaftes ist für ihn ein Hinweis auf eine anspruchsvolle Gestaltung des gesamten Bildstockes. Wo dieser ursprünglich stand, ist nicht mehr festzustellen. Es ist auch nicht mehr ermittelbar, ob der Bildstock zerstört wurde, oder ob er einfach nach und nach verfiel. Der Aufsatz ist erhalten geblieben, über den Verbleib des Schaftes ist nichts bekannt.
Aufgrund der Art der Beschädigungen vermutet der Restaurator, dass die Reliefdarstellung längere Zeit auf feuchtem Untergrund lag, glücklicherweise mit der Rückseite nach unten, sodass die Zerstörung des Reliefs weniger schnell verlief. Ebenfalls nicht mehr feststellbar ist, wann diese Pieta geborgen wurde und dann in Vergessenheit geriet, immerhin im Trockenen.
Nach Rücksprache mit dem Denkmalamt wurde das stark beschädigte Kunstwerk in maßvollem Umfang renoviert. Es wurden keine Ergänzungen vorgenommen, man beschränkte sich auf die Zusammenfügung noch vorhandener Teile und die Konservierung. Nach Aussage von Restaurator Schiller war das Relief als "Heiliges Schauspiel" gestaltet, worauf die erhaltenen Reste des Vorhanges am linken, oberen Bildrand hinweisen.
Der Vorhang ist aufgeschlagen und gibt den Blick frei auf die Mutter Gottes mit ihrem toten Sohn auf dem Schoß. Im Hintergrund ist noch das Kreuz zu erkennen, von dem Jesus abgenommen wurde. Die Steine, auf denen Maria mit ihrem Sohn dargestellt ist, könnten ein Hinweis auf die Steine von Golgotha sein, die Kreuzigungsstätte Jesu.
Der Faltenwurf des Mantels der Gottesmutter und ihr Gesicht zeigen die künstlerisch anspruchsvolle Qualität des Boldstocks. Der Stil des Aufsatzes weist für Schiller auf eine Entstehungszeit zwischen 1790 und 1820 hin. In den Jahren 1786 bis 1790 war auch die Kirche von Unterspiesheim gebaut worden. Das Kunstwerk weise Anklänge an den damaligen Stil der Abtei Ebrach auf. Das Kloster hatte lange Zeit das Zehntrecht in Unterspiesheim. Zur Zeit des Kirchenbaus gehörte der Ort zum Bistum Würzburg.
Restaurator Schiller brachte die Pieta einem Beschluss der Kirchenverwaltung von Unterspiesheim entsprechend an einem wind- und wettergeschützten Platz an, neben dem Eingang zur Sakristei der Kirche St. Sebastian. Pfarrer Thomas Amrehn, Kirchenpfleger Matthias Nöth und Martin Mack, Vorstandsmitglied des Interessen- und Kulturvereins Spiesheim, waren die ersten, die sich die Pieta dort anschauten. Der Interessen- und Kulturverein hatte sich an den Kosten für Renovierung und Anbringung des Reliefs beteiligt.