Mainpost 08.04.2021
Oberspiesheim
Sascha Riedel ist auf der Walz
Der Zimmermann Sascha Riedel aus Balingen in Baden-Württemberg ist seit über vier Jahren auf der Walz und arbeitet derzeit in der Oberspiesheimer Zimmerei Dorsch. Fragt man den 28-Jährigen von der Schwäbischen Alb nach seinen bisherigen Arbeitsstätten, folgt von ihm eine schier endlose Liste.
Schon die Länder sind beeindruckend: Schweden, Norwegen, Dänemark, einige Mittelmeerländer, Kanada und Russland. Besonders interessant waren für ihn die vier Monate auf der dänischen Insel Bornholm. Dort arbeitete er ausschließlich an Fachwerkbauten.
"Kanada war am besten, da klappte einfach alles, von der Organisation bis zu den Arbeitsstellen", so Riedel. Abenteuerlich ging es in Russland zu. So erzählte er, dass er neben seinem Zimmerertun mit einem Kumpel 9127 Kilometer quer durch das Land fuhr – und das mit vor Ort gekauften Mofas. Dabei ergaben sich auch die größten Sprachbarrieren.
"Nur einmal gab es einen Bauherrn, den ich überhaupt nicht verstand."
Sascha Riedel über die Sprachbarriere "Unterfränkisch"
In den anderen Länder ging es gut mit Englisch, teilweise mit seinem begrenztem Französisch, aber in Russland war öfters "nur mit Händ und Füß" ein Verständigen möglich.
Und wie ist es jetzt mit Unterfränkisch? "Besser als gedacht, nur einmal gab es einen Bauherrn, den ich überhaupt nicht verstand." Der Firmeninhaber Frank Dorsch ist sehr zufrieden mit der fachlichen Leistung von Sascha Riedel und ist froh für die Unterstützung. "Ich hab mich sehr gefreut, und Sascha würde ich sofort auf Dauer anstellen", so Dorsch.
Sehr zufrieden zeigt sich Riedel über das Umfeld: "Das Team ist super. Und die Wochen, die ich bis jetzt da war, machten echt Spaß."
Bereits seit dem zwölften Jahrhundert ziehen Handwerker verschiedener Berufe durch die Lande und sind auf der Walz. Die Zünfte der Handwerksberufe regeln die Dauer und den Ablauf. Auf die Wanderschaft darf nur gehen, wer die Gesellenprüfung bestanden hat, ledig, kinderlos, schuldenfrei und unter 30 Jahre alt ist.
"Meine Freundin kommt aus Zeilitzheim, die war auch mal auf der Walz."
Sascha Riedel, Zimmermann aus Schwaben
Auch darf man während der Reisezeit den Kreis von 50 Kilometer um seinen Heimatort nicht betreten. Viele Regeln und Gebräuche gibt es noch um die Walz. So ist die "Kluft" eine Kleiderordnung genauso vorgegeben wie das Führen eines Wanderbuches, das zum wichtigsten Gegenstand zählt. Dieses unersetzliche Dokument muss vor Missbrauch geschützt werden und darf nicht veröffentlicht werden.
Auf die Frage, wie er denn nach Oberspiesheim kommt, ein kleines Zögern: "Meine Freundin kommt aus Zeilitzheim, die war auch mal auf der Walz." Das erklärt so einiges.
Für die Zeit nach der Wanderschaft will Sascha Riedel erst mal die Meisterprüfung angehen. Und danach lässt er sich alle Optionen offen. Perspektiven hat er genug.