Mainpost, 01.06.2019
Sternwallfahrt der Kindergartenkinder und der Erwachsenen
Ganz im Zeichen der Bitttage stand der Mittwoch vor dem Fest Christi Himmelfahrt: Die größeren Kindergartenkinder aus dem Kindergarten St. Sebastian Unterspiesheim und dem Kindergarten "An den Linden" aus Oberspiesheim brachen zu einer Sternwallfahrt zum Bildstock "Jesus in den Wiesen" auf. Pfarrer Thomas Amrehn hatte den Unterspiesheimer Kindern erklärt, dass man die Entstehung der Welt wissenschaftlich erklären kann, dass aber auch die Bibel eine Geschichte erzähle, wie Gott die Welt geschaffen hat. Anschaulich stellte er die Erschaffung von Sonne, Mond und Sternen, des Wassers, der Erde, der Tiere und des Menschen dar. Die Kinder erhielten Servietten in verschiedenen Farben als Symbole für das Licht (gelb), das Wasser (blau), die Erde (braun) und die Früchte (bunt).
Dann machten sich die Kinder aus Unterspiesheim unter Begleitung der Erzieherinnen und des Pfarrers, ausgerüstet mit einer Wallfahrtsfahne auf den Weg zu "Jesus in den Wiesen", einem Standbild, das an der Straße zwischen Unter- und Oberspiesheim steht. Auf dem Weg erklärte der Priester den Kindern noch die Statuen des Heiligen Nepomuk, der Kreuzigungsgruppe und der Mutter Gottes, die wohl auch vielen, die jeden Tag diesen Weg zurücklegen, noch nicht ins Auge gefallen sind.
Auch die Kinder aus Oberspiesheim hatten sich unter Begleitung ihrer Erzieherinnen auf den Weg zu Jesus in den Wiesen aufgemacht. Nach ihrer Ankunft feierte man einen kurzen Wortgottesdienst. Pfarrer Amrehn stellte die Schöpfung, die Früchte des Feldes und das Gebet um eine gute Ernte in den Mittelpunkt der kurzen Wort-Gottes-Feier mit den Kindern aus den beiden Kindertagesstätten.
Im Anschluss daran erklärte der Obmann der Feldgeschworenen in Unterspiesheim, Herbert Ament den Kindern die Aufgaben der Feldgeschworenen. In Oberspiesheim gibt es sieben Feldgeschworene. Sie kennen sich aus, wo die Grenzsteine sitzen, und sie übernehmen die Aufgabe, Grenzsteine, die nicht mehr vorhanden sind, wieder an die richtige Stelle zu setzen. Unterstützt werden sie bei dieser Aufgabe den Vermessungsbehörden; die Vermessungsbehörden wissen über alle Grenzsteine Bescheid und können zentimetergenau sagen, wo welcher Grenzstein sitzt. Der Obmann der Feldgeschworenen hatte als Anschauungsmaterial für die Kinder einen Grenzstein, eine Betonplatte mit dem Zeichen für einen Grenzstein und einen Nagel mitgebracht, der, in die Erde getrieben, auch zeigt, wo eine Grenze ist. An konkreten Beispielen machte Ament deutlich, wie wichtig es ist, dass man die Grenzen kennt und auch einhält. "Da darf nicht einfach so jemand in unseren Garten gehen, weil da eine Grenze ist" so die Überlegung eines Kindes, die deutlich machte, dass die Ausführungen von Ament auf fruchtbaren Boden gefallen waren. Zweier Bürgermeister Martin Mack dankte den Feldgeschworenen, dass sie ihre Aufgabe mit Verantwortungsbewusstsein wahrnehmen, und Pfarrer Thomas Amrehn für die gute Idee, die Sternwallfahrt mit der Information über die Aufgabe der Feldgeschworenen zu verbinden.
Am Mittwoch Abend machten sich dann die erwachsenen Wallfahrer aus den Gemeinden Ober- und Unterspiesheim sowie aus Gernach auf den Weg zu der zweiten Sternwallfahrt des Tages: Unter der musikalischen Begleitung der Musikkapelle Unter-Oberspiesheim (Leitung: Rainer Ullrich) und der Musikanten aus Gernach (Leitung: Alfred Glos) zog man mit Gesang und Gebet für die Früchte des Feldes, aber auch für die Menschen in aller Welt, die unter Verfolgung, Not und Hunger leiden zu den Gernacher Seen. Dort feierte Pfarrer Thomas Amrehn die Eucharistie mit den drei Gemeinden. Gemeinsam begleiteten die Musikanten den Gesang der Gemeinde.
In seiner Predigt erinnerte Pfarrer Amrehn an den großen Theologen Pierre Theilhard de Chardin, der auf dem Hintergrund umfangreicher Forschungen den Gedanken entwickelte, dass das Leben auf der Welt auf zwei Prinzipien beruhe: das Prinzip der Materie und das Prinzip des Geistes. Er war überzeugt, dass diese zwei Prinzipien im Dialog miteinander stehen, und dass dieser Dialog durch die Liebe in Gang gehalten und geleitet wird. Die Liebe ist die Triebfeder der Entwicklung, Ursprung und Wesen der Liebe ist Christus. Aus dieser Überzeugung begründet sich der Optimismus von Theilhard de Chardin für die Entwicklung der Welt: Die Welt entwickelt sich auf Christus hin, den Theilhard de Chardin als "Omega" bezeichnet – in Anspielung auf das Bibelwort, dass Jesus "das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende" (Offb. 21, 6 ) sei. Die Welt finde ihre Vollendung, in dem sich die Prinzipien von Materie und Geist immer mehr einander annähern. "Das Paradies liegt noch vor uns"- so die Überzeugung des Theologen. "Und Christi Himmelfahrt bedeutet, dass uns Jesus auf diesem Weg ins Paradies, zur Einheit von Geist und Materie vorausgegangen ist." Nach dem Gottesdienst gab es noch Gelegenheit, sich bei einem Bier oder einem Saft zu unterhalten und die Gemeinschaft der drei Gemeinden zu feiern. Dann machten sich die Wallfahrer wieder auf den Weg in ihre Heimatgemeinden, wo die Wallfahrt mit einer kurzen Andacht in den jeweiligen Gotteshäusern endete.