Mainpost 14.09.2017
ZEILITZHEIM
Wahre Schönheit kommt von innen
Über dem Portal grüßt eine zweischwänzige, in Stein gehauene Nixe den Besucher.
Durch die mit allerlei Schnitzereien verzierte Holztüre geht es hinein in das Foyer des Zeilitzheimer Schlosses. An der Wand hängen Jagdtrophäen und Wappen, ein schwerer Holzschrank und eine nicht minder massive Truhe sorgen für eine Schlossatmosphäre wie aus dem Bilderbuch.
Drinnen wartet schon Schlossherr Alexander von Halem auf die Besucher. Er kennt jeden Winkel in dem vierflügeligen Trakt. Kunststück, schließlich ist er hier aufgewachsen. 1979 waren seine Eltern, im Auftrag des Goethe-Instituts weit gereist, im Frankenland auf der Suche nach einem Refugium. „Eigentlich sollte es ein kleines Bauernhäuschen sein“, erinnert sich von Halem. Irgendwann wurde ihnen das Schloss gezeigt. „Es war natürlich viel zu groß“, so der heutige Besitzer: „Aber irgendwie müssen sie sich in das Schloss verliebt haben
Trotz all seiner Unzulänglichkeiten.
Als die von Halems das Schloss erwarben, befand es sich baulich in einem recht schlechten Zustand. Der Vorbesitzer, dem es seit 1959 gehörte, hatte Mietwohnungen dort einrichten wollen. Das hatte einige Bausünden zur Folge, „die gar nicht im Sinne des Denkmalschutzes waren“, so von Halem. Und er zählt auf: Originaltüren gegen Baumarktware ausgetauscht, Decken abgehängt, Fußböden aufgeschüttet. Um nur einige zu nennen. „Das kann man nicht auf Anhieb rückgängig machen.“
Viel Arbeit und auch finanzielle Mittel hat die Familie seitdem in das Objekt gesteckt, das so wieder viel von seinem originären Charme zurückgewonnen hat.
Neubau im 17. Jahrhundert 1278 erstmals urkundlich erwähnt, wird der Vorgängerbau um 1678 abgerissen. Zwischen 1679 und 1683 lässt Philipp Gaston Wolf von Wolfsthal das Schloss in seiner heutigen Form neu errichten. Doch die Zeit derer von Wolfsthal in Zeilitzheim ist kurz.
Als sein einziger Sohn stirbt, nimmt Philipp Gaston seinen Freund, den Grafen Schönborn-Wiesentheid an Kindes statt an. So gelangt das Schloss in den Besitz der Schönborns, die bis Ende der 1950er Jahre Eigentümer bleiben. Die Grafen von Schönborn nutzen Schloss Zeilitzheim kaum als Wohnsitz. Vor Ort kümmert sich ein Verwalter um die Ländereien und das Weingut.
Nur in der Zeit um 1735 wohnt kurzzeitig mit Kardinal Hugo Damian Graf von Schönborn, dem Fürstbischof von Speyer, ein Schönborn im Schloss, solange seine Residenzstadt Bruchsal von den Franzosen besetzt ist.
Er ist es, der das Treppenhaus in seiner heutigen Form und den prächtigen, freskenverzierten Empfangssaal über dem Eingangsbereich einrichten lässt.
Unvollendet blieben dagegen die Pläne für eine von Balthasar Neumann entworfene neue, große Schlosskirche im Ostflügel.
Und dennoch ist die Geschichte der katholischen Kirche in Zeilitzheim untrennbar mit dem Schloss verbunden. Der Jagdsaal, in dem heute unter anderem kulturelle Veranstaltungen stattfinden, war bis zum Umzug in die neu gebaute Kirche im Jahr 1981 Zentrum des katholischen Lebens im Ort, „ein Kirchenraum im vollen Ornat“, wie von Halem sagt.
Hier wurden die Gottesdienste gehalten, der Pfarrer wohnte gleich nebenan. Noch heute sind in der Decke die Löcher für die Seile zu sehen, mit denen die Glocken im kleinen Türmchen auf dem Dach geläutet wurden.
Alexander von Halem erzählt den Teilnehmern der Führung viel aus seiner Jugendzeit, vom Leben im Schloss. Auch davon, wie sich in der einstigen zweiten Toreinfahrt zum Hof noch eine Kühl- und Frostanlage befand, die alle Zeilitzheimer nutzen konnten. Wie auch die Gewölbekeller, in denen Kartoffeln und Rüben eingelagert wurden – bis sich auf dem einstigen Sandsteinplattenboden durch den Erdeintrag eine dicke Lehmschicht gebildet hatte, die mittlerweile wieder abgetragen wurde.
Wein spielt wieder eine Rolle Ein Jahr nachdem er nach Zeilitzheim zurückgekehrt ist, hat Alexander von Halem 1999 das Schloss von seinen Eltern übernommen. Heute wird der Komplex in mehrfacher Hinsicht genutzt. Zum einen als Hotel garni mit 18 Zimmern, die mit Himmelbetten und antikem Mobiliar viel Schlosscharme versprühen.
Auch gefeiert wird in den Räumlichkeiten wie Jagdsaal oder Freskensaal wieder wie zu Wolfsthal'schen oder Schönborn'schen Zeiten.
Sie werden an Gesellschaften vermietet, etwa für Hochzeiten. Gefeiert werden kann auch in der einstigen Remise und in der Alten Kelter.
Seitdem die Schönborns um 1860 den Weinbau hier aufgegeben haben, sind im Schloss kein Fass und keine Kelter mehr zu finden. Obgleich Alexander von Halem die Zeit vor einigen Jahren zusammen mit Heiko Niedermeyer und Christian Werr ein wenig zurückgedreht hat und Schloss Zeilitzheim wieder ein Weingut ist. „Wein von 3“ nennt es sich. Produziert wird in Stammheim, vermarktet jedoch wird im Schloss. Auch die Weinproben werden hier abgehalten. Mit dem Arkadenhofweinfest ist auch wieder ein Weinfest ins Schloss eingezogen.
Alexander von Halem erinnert daran, dass 1979 das erste Zelitzheimer Zeltweinfest auf der Wiese hinter dem Hof stattfand. Das Wetter spielte nicht mit. „Es war eher ein Schlammfest“, erinnert sich der Schlossherr.
Hotelbetrieb ruht im Winter Apropos Wetter. So schön es sich in einem Schloss auch leben lassen mag, es gibt auch Nachteile.
Im Winter etwa, wenn man zwar die Zimmer leidlich, die schier endlosen Gänge aber nur schwerlich warm bekommt. Das Klischee „im Schloss ist es kalt“, sagt von Halem schmunzelnd, „ist durchaus richtig.“
Deshalb ruht in den Wintermonaten auch der Hotelbetrieb. Alexander von Halem hat sich daran gewöhnt. Auch daran, dass manch einer, der auf dem Weg von Gaibach nach Gerolzhofen das Schloss flüchtig passiert, den lang gestreckten Bau schon mal für eine recht groß geratene Scheune hält.
„Ich bin da nicht böse“, meint er: „Auf den ersten Blick ist es ja ein eher unscheinbares Gebäude.“ Doch wahre Schönheit kommt bekanntlich von innen.